© Burgfestspiele Jagsthausen
© Burgfestspiele Jagsthausen

Monty Python's Spamalot (2020 - 2022)
Burgfestspiele, Jagsthausen

Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

König Artus gelingt es mit Hilfe seiner bunten Tafelrunde und einer cleveren Regie, ein urkomisches Parodie-Epos auf die Beine zu stellen, in dem Salven aus Witzen und Slapstick auf das Publikum abgefeuert werden, die über kleinere Schwächen in Besetzung und Orchestrierung hinweg trösten.

Die vielleicht berühmteste Heldensage Englands: Ein König wider Willen, der mit seinem mystischen Schwert Excalibur und den mutigen Helden seiner Tafelrunde zur gottgesandten Suche nach dem heiligen Gral aufbricht. Eine Geschichte voller Intrigen, Dramatik und Blut – so aber nicht bei “Monty Python’s Spamalot” in Jagsthausen. Nicht nur fehlen in der Musicalversion viele wichtige Charaktere des Ursprungsepos wie der Zauberer Merlin, die dunkle Fee Morgana oder Artus’ bösartiger Sohn Mordred, es mangelt im Vergleich auch an Drama und Magie. Dafür werden die verbleibenden Figuren und Handlungselemente nach allen Regeln der Kunst schonungslos parodiert und – immer mit einem Augenzwinkern in Richtung aktueller politischer oder gesellschaftlicher Themen – durch den Kakao gezogen. Das mag gefallen oder nicht – Fans von albernem Humor und Slapstick werden diesen Abend aber zelebrieren.

Die Regie und Inszenierung von Eva Hosemann ist genial: das Buch von Monty Python spickt sie, zusätzlich zu allen bekannten Szenen (blutrünstiger Hase, heilige Handgranate und Co.) mit zahllosen kleinen Gesangs- oder Schauspielgags und scheinbaren Quatsch-Dialogen, die auf aktuelle Phänomene unserer Gesellschaft abzielen und das Publikum direkt abholen. Kennern der Jugendsprache dürfte den ganzen Abend der Humor als “random” erscheinen, aber eben nur auf den ersten Blick. Hosemann gelingt es, den mehr als 40-jährigen Witz und Charme des zugrunde liegenden Films “Ritter der Kokosnuß” ins Hier und Jetzt zu transportieren und witziger und satirischer wirken zu lassen denn je.

So lässt sie gegen Anfang des Stücks zwei Mönche über die Bühne schreiten, die als vermeintlichen Lobgesang “Quarantaenus dominae, Inzidenzius venero” anstimmen. Gott wird in ihrer Inszenierung – zur Gender-Verwirrung der mittelalterlichen Hauptfiguren – kurzerhand zu einer Frau, die gegnerischen Franzosen schlagen Arthus mit Deine-Mutter-Dissen in die Flucht und der protestierende Pöbel hält bei einer Demonstration Warnschilder mit Aufschriften von “Lieber ein Ende mit Gral als ein Abend ohne Mahl” über “Artus – make Camelot great again” bis zu “Schild bitte wenden” in die Höhe. In Artus’ Ritterrunde platzt völlig aus dem Zusammenhang der durch Goethe bekannt gewordene und um Jagsthausen ansässige Götz von Berlichingen, zum Entzücken des Publikums. Die rampenlicht-süchtige Herrin des Sees beschwert sich in ihrem großen Solo-Lied “Wann geht’s hier wieder mal um mich?!”, dass sie viel zu selten auf der Bühne sei, das Stück ohnehin gerade den roten Faden verliere (was in dem Moment wegen chaotischer Handlungsstränge tatsächlich auch so war!) und sie wahrscheinlich demnächst durch Conchita Wurst ersetzt werde, weil sie nicht mehr bekannt genug sei. Der Finalsong des 1. Akts, der wörtlich “Pause” heißt, wird um eine musikalische Anmerkung ergänzt, dass es hier “ohne Pause” direkt weitergehe. Der heilige Gral wird am Ende unter dem Sitz eines Zuschauers geborgen, der direkt zum Ritter erhoben wird und den “Goldenen Artus” als Trophäe erhält – er war die ganze Zeit über “hinter der vierten Wand versteckt”. Dies sind nur einige von Eva Hosemanns zahllosen cleveren Regie-Entscheidungen, die satirisch gekonnt auf unterschiedlichen Humorebenen das Genre Musical, die Arthus-Sage selbst, aber auch das originale Buch von Monty Python und zahlreiche den Zuschauer direkt betreffende Themen parodieren.

Das Bühnenbild von Line Sexauer ist minimalistisch und mit einigen handbemalten eindimensionalen Holz-Requisiten eher “trashig”, was aber in diesem Stück absolut passend ist und ebenfalls zum Fokus des einen oder anderen Witzes wird. Das Hauptelement der Bühne ist die Götzenburg selbst, die aus mehreren Fenstern und Toren heraus, auf Balkons und Türmen sowie auf einer direkt angeschlossenen Bühne so über mehrere Ebenen bespielt wird. Darsteller kommen von allen Seiten, von oben und unten ins Geschehen, sodass die Kulisse sehr immersiv wirkt. Die Kostüme sind wenig elaboriert, illustrieren aber stimmig die Hauptrollen und warten mit einigen unerwarteten Überraschungen auf. Die einzig aufwändigeren Kostüme erhält, neben besagten kleineren Überraschungen, die Figur der Fee aus dem See – von opulenten Ballkleidern, ABBA-Gedächtnis-Kluft, einem Reveal-Hochzeitskleid und Damenmieder ist alles dabei. Das Ensemble wechselt konstant in verschiedenste Kostüme, die alle gewollt schrullig und auf eine lustige Art geschmacklos wirken. Das passt wunderbar in dieses Stück, das sich selbst nicht ernst nimmt.

Das Lichtdesign wirkt bunt und fröhlich und brilliert vor allem stimmungsunterstreichend in den quirligen Ensemble-Nummern. Die Götzenburg und ihre verschiedenen Spielebenen werden optimal ausgeleuchtet. Spezialeffekte, vor allem der Bühnennebel, werden komödiantisch wirksam eingesetzt und geben der sonst optisch eher mager ausgestatteten Produktion eine schöne Dimension. Gemessen an der Location, dem Stück und seinem Naturell selbst sowie dem Freilicht-Charakter der Veranstaltung lassen Licht und Technik nichts zu wünschen übrig.

Der Ton allerdings schon. Die 10-köpfige Band unter Felix Meyerle spielt beschwingt und motiviert und klingt an sich auch stimmig. Dass das Orchester an einigen Stellen aktiv in die Handlung eingebunden ist und auch mit im Bühnenbereich sitzt, ist ein weiteres positives Element. Leider bleibt die Orchestrierung an vielen Stellen aber sehr dünn und gedämpft. Dies wird auch am Tondesign liegen. Die Darsteller sind gut abgemischt und verständlich, auch in Ensemble-Nummern kann man viele der in die Lieder verpackten Witze und Anspielungen gut heraushören. Die Musik bleibt allerdings oft so leise, dass man die eigentlich sehr eingängigen Melodien nicht gut heraushören kann. Zudem sind die Darsteller in ihrem Rückzugsort neben der Bühne leider des Öfteren bei Privatgesprächen zu hören, was vom Stück ablenkt. Das hätte ein kraftvollerer Ton und ein mutiger Griff an den Soundregler verhindern können.

Die Choreographien von Selatin Kara wirken schwungvoll und tragen einen großen Teil des Slapstick-Humors des Stücks. Insgesamt wirkt das Stück durchchoreographiert und die Bewegungsabläufe spielen mit Hosemanns Inszenierung und Mirco Robus’ Dramaturgie harmonisch Hand in Hand. Große Tanznummern gibt es nicht – und das muss auch nicht sein! Bei “Spamalot” sind die lustigen Bewegungen im Vordergrund: ein Ballettübungen vollführendes ‘Pferd’, Line-Dance bei den Rittern der Tafelrunde, stereotypische Moves bei König Arthus Besuchen in Hawaii oder Ägypten und viele weitere kleine Kniffe – hier kann die Choreographie punkten.

Das spielfreudige und energetische, sehr divers besetzte Ensemble macht in Liedern wie “Ich bin noch nicht tot” oder “Seejungfrauen” viel Spaß und Stimmung. In den vielen kleinen, witzigen Rollen brilliert fast jedes Ensemblemitglied mal kurz im Verlaufe des Stückes. Das wegen der kleinen Bühne und dem über 20-köpfigen Ensembles in einigen Abläufen kurzzeitig aufblitzende Chaos passt in die ohnehin sehr verrückte Geschichte hinein und fällt nicht weiter auf. Die Besetzung der Hauptrollen ist durchwachsen. Generell fallen die meisten Darsteller mehr durch ihr Schauspiel und ihr komödiantisches Timing auf als durch ihre Sangeskünste, wodurch eigentlich als Showstopper angelegte Lieder wie “Ich bin allein” oder “Nimm das Leben beschwingt” keine Höhepunkte gesanglicher Art werden.

Stimmlich und darstellerisch brillieren kann allerdings allen voran Helena Blöcker, die die Fee aus dem See als Schlager-Pop Diva anlegt und dabei nicht nur lustig wirkt, sondern mit ihrer kraftvollen Stimme und ihrer Bühnenpräsenz die größten Szenenapplause bei “Such den Gral” oder “Das Lied das jetzt erklingt” abräumt. Karsten Oliver Woellm als genderfluider Prinz Herbert ist ein komödiantischer Höhepunkt in seinem im Falsett gesungenen Solo “Wo bist du?” und seinen Szenen mit Dan Glazer als Lanzelot. Glazer sticht durch seine vielen kleinen Rollen heraus, die alle zum Schreien komisch sind: ein Deine-Mutter-Witze proletender Napoleon-Verschnitt und ein schrulliger orakelhafter Zauberer namens Tim sind nur zwei Beispiele. Seine Coming-Out-Szene “Der Typ heißt Lanzelot” inklusive Striptease ist ein Stimmungshighlight, das nur von “Such den Gral”, einer komplett überzogenen Gospel-Popeinlage der Fee und vom Ohrwurm “Always Look on the Bright Side of Life” noch getoppt werden konnte.

Raphael Dörr als Sir Dennis Galahad beweist komödiantisches Talent in seinen zahlreichen spritzigen Dialogen mit Artus-Darsteller Jeff Zach. Dieser gehört zwar nicht zu den stärksten Sängern des Ensembles, doch gelingt es ihm durch souveränes Schauspiel, in seiner Rolle als König sympathisch durch das Stück zu tragen. Frank Roder als ängstlicher Sir Robin und Carlo Benz als Artus’ Reittier-Vertrauter-Diener-Mix Patsy landen trotz wackeliger Gesangsstimmen in ihren Rollen einige Lacher. Zum Glück ist “Spamalot” kein Musical, das von stimmgewaltigen Darstellern getragen werden muss, sondern eines, wo Schauspiel und Comedy-Talent das A und O sind. Insofern ist die Besetzung, wenn auch durchwachsen, insgesamt passend und solide. Das eine oder andere wackelige Tönchen kann so verziehen werden.

Spamalot kann in Jagsthausen mit starker Regie, mehrschichtigem Humor, bei dem jeder Lachmuskel stimuliert wird, einer grandiosen Helena Blöcker und einem stimmigen Ensemble aufwarten. Nicht nur Freunde von Slapstick-Klamauk oder den Rittern der Kokosnuß kommen hier auf ihre Kosten. Eine herrlich alberne Suche nach dem “Gral – dem Pokal vom letzten Abendmahl”.

 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
KREATIVTEAM
MusikJohn Du Prez
Eric Idle
Buch und LiedtexteEric Idle
ÜbersetzungDaniel Große Boymann
InszenierungEva Hosemann
Musikalische LeitungFelix Meyerle
BühnenbildLine Sexauer
KostümeClaudia Flasche
ChoreografieSelatin Kara
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
König ArtusJeff Zach
Sir RobinFrank Roder
Sir LancelotDan Glazer
PatsyCarlo Benz
Sir BedevereSarah Kattih
Fee aus dem SeeHelena Blöcker
Historiker u. a.Karsten Oliver Wöllm
TänzerinnenKatharina Bakhtari
Katharin Graf
Anna Höfferer
Jeannette Nickel
Stimme GottBarbara Stoll
  
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE
keine aktuellen Termine
 
Kurz­bewertungRezen­sionKreativ­teamCastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Sa, 06.06.2020 20:30Burgfestspiele, Jagsthausenverlegt in Sommer 2021
Sa, 13.06.2020 20:30Burgfestspiele, Jagsthausenverlegt in Sommer 2021
Sa, 20.06.2020 20:30Burgfestspiele, Jagsthausenverlegt in Sommer 2021
▼ 21 weitere Termine einblenden (bis 27.08.2022) ▼
Zur Zeit steht die Funktion 'Leserbewertung' noch nicht (wieder) zur Verfügung. Wir arbeiten daran, dass das bald wieder möglich wird.
Overlay