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Basileia (2006)
Volkshaus, Basel

CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Historical von Bruno Waldvogel (Buch) und Stefan Mens (Musik) mit Monica Quinter und Sergio-Maurice Vaglio in den Hauptrollen. Die Regie liegt in den Händen von Gian Andrea Scarello. Zwei unzertrennliche Freunde, Söhne der beiden Bürgermeister, begehren im mittelalterlichen Basel dasselbe jüdische Mädchen. Diese verbotene Liebe wird in die turbulenten Ereignisse zwischen 1349 und 1356 (Judenpogrom, Pest und das Erdbeben von 1356) hineingerissen und führt zur Zerreissprobe.

Autor Bruno Waldvogel-Frei verpackt Einzelschicksale, Charakterwandel, Geschichte, Ethik und eine große Portion Emotionen in seine Story vor dem Hintergrund der dramatischen Jahre zwischen 1349 und 1356, als auch in Basel durch religiöse und soziale Konflikte die Glaubensgrundsätze ins Wanken gerieten. Wer sich auf die große Frage nach Recht und Unrecht und den Bezug zu unserer Zeit einläßt, wird gefordert und die zweieinhalb Stunden dauernde Show gibt genügend her, um lange Diskussionen zu führen. Aber auch die Besucher, die sich nur unterhalten lassen wollen, kommen voll und ganz auf ihre Kosten, denn Waldvogel-Frei hat genügend Witz, Ironie und Satire in sein Stück einfließen lassen, so dass die zwischendurch erhobenen Mahnfinger schnell vergessen werden. Selbst den Schluss, der durch viele geläuterten Seelen, eine mit Leichen übersäte Slow-Motion-Szene und die Versöhnung von Christen und Juden beinahe schon kitschig anmutet, vermag Basil, die Verkörperung des Bösen, mit spitzer Zunge und einer gehörigen Prise Selbstironie erträglich zu machen.

Die Musik von Stefan Mens, unter anderem bekannt als künstlerischer Initiator, Orchestrator und Musikalischer Leiter von “Heidi – Das Musical”, ist dank der vielen eingeflossenen Stilrichtungen abwechslungsreich und bietet etwas für jeden Geschmack. Neben Swing-, Rock- und Popklängen gibt es auch christliche und jüdische Elemente und sogar Anlehnungen an die Tonfolgen der typischen Basler Fasnachtsmärsche sind auszumachen. Zudem wurden in regelmäßigen Abständen Show-Stopper eingebaut, die amüsant und leicht von der manchmal beinahe übermächtigen Dunkelheit der Mittelalterthematik ablenken. Im Gegenzug werden dadurch leider auch aufgebaute Spannungsbögen unterbrochen, was vor allem nach dem emotionalen Höhepunkt des Erdbebens zu unnötigen und ermüdenden Längen führt. Stefan Mens dirigiert das 19-köpfige Orchester selbst, und dieses interpretiert die Stücke mit viel Gefühl und Kraft. Vor allem “Es kommt der Tag” und “Wie ein Schatten an der Wand” werden zu regelrechten Ohrwürmern.

Auch der modernen und mit vielen überraschenden Elementen aufwartenden Choreographie Misatos wurde gebührend Platz eingeräumt und ihre Tänzerinnen und Tänzer fügen sich nahtlos in das Ensemble ein. Den beiden Tänzern ist es dann auch zu verdanken, dass die Unterbesetzung des Herrenchores gegenüber den zahlreichen stimmgewaltigen Damen nicht noch mehr auffällt. Dennoch entsteht in einigen Szenen der Eindruck, dass Basel im Mittelalter hauptsächlich von Frauen bewohnt wurde.

Das spartanische Bühnenbild, gestaltet von Rainer Hendrik Nagel, wird dominiert durch angedeutete Stütz- und Deckenbalken, in denen das Symbol des Kreuzes erkennbar ist. Ein Symbol, das in der Show immer wieder vorkommt, sei es zur Kennzeichnung der Klosterräume oder wenn Tänzerinnen und Tänzer in der Szene der Geiselmönche mit ausgestreckten Armen von der Bühne getragen werden. Mit wenigen, einfachen Mitteln wie Trockeneisnebel, Bildprojektionen, Stoffvorhängen und Akustikelementen, gelingt es der Bühnen-, Beleuchtungs- und Toncrew, immer neue Bilder und Räume zu gestalten und vor allem auch die Szenen des großen Erdbebens zum akustischen und visuellen Höhepunkt werden zu lassen.

Die schmale, tiefe Bühne ohne Hauptvorhang ist für Regisseur Gian Andrea Scarello eine Herausforderung. Es gelingt ihm jedoch, mit einfachsten Mitteln und Requisiten, verschiedenste Situationsflächen entstehen zu lassen. Seine Charaktere sind stark und klar gezeichnet, wenn auch bei der Figur des Konrad von Bärenfels die Gesinnung nicht ganz klar erkennbar ist. Und auch die Rolle des Basil, der als Gegenspieler von Basileia, der Verkörperung des Guten, auftritt, hat etwas Zwiespältiges, da er nicht nur als das Böse in Erscheinung tritt, sondern in einigen Szenen auch den Tod verkörpert. Ein Augenschmaus sind die Kämpfe mit den großen, schweren Doppelhandschwertern, die fast mehr Tanz- als Spielszenen sind. Dass jedoch auch die reine Basileia zum Schwert greift und ihren Widersacher Basil ermordet, mutet doch etwas komisch an. Vor allem ist diese Szene wenig sinnvoll, weil Freivogel seinen Basil bei einem der letzten Auftritte so treffend sagen lässt, dass das Gute ohne das Böse nicht existieren kann, und dass es nicht darauf ankommt, wer von den beiden gewinnt, sondern dass es dem Menschen gelingen muss, die Dualität zu überwinden.

Die Kostüme und die Maske sind bei einzelnen Figuren sehr treffend und typengerecht (Christian, Simon Levi, Konrad von Bärenfels), bei anderen jedoch eher plakativ und stereotyp (Marschalk, Schaler und Konrad Münch). Dass die Kleidung der menschlichen Charaktere epochengerecht gehalten ist, während Basil und vor allem Basileia aber Kostüme aus dem Phantasie- und Märchenreich tragen, behindert die optische Harmonie. Ein großes Plus der eher einfachen Kostümierung ist jedoch, dass diese oft in rasendem Tempo gewechselt werden kann, so dass die Illusion eines riesigen Ensembles entsteht.

Das Ensemble zeigt eine geschlossene, solide Leistung und überzeugt gesanglich auf der ganzen Ebene. So werden die Ensembleszenen (Wirtshaus, Geissler-Lied, Psalm 23 und das “jüdische Lied”) zu tragenden Nummern der Show. Auch die Solisten wissen zu überzeugen. Allen voran Monica Quinter, der die Rolle der Basileia regelrecht auf den Leib geschrieben scheint. Sie verkörpert diese mit viel Charme, Anmut und der nötigen Portion Emanzipation und Kraft, um sich gegen Basil behaupten zu können. Dieser wird von Manfred Zaminer mit einem spöttisch-wissenden Augenzwinkern und gedämpfter, aber trotzdem allgegenwärtiger Bösartigkeit gespielt.

Sergio-Maurice Vaglio findet in der Rolle des Christian von Bärenfels eine Möglichkeit, seine Vielseitigkeit unter Beweis zu stellen und verkörpert sowohl den gleichgültigen Lebemann als auch den geläuterten, sich nach Liebe verzehrenden Abt mit viel Temperament und Herzblut. Ihm zur Seite stehen Prune Lüdi (Judith Levi) und Chris Hess (Thomas Münch), die die unglückliche Dreiecksgeschichte um die beiden Freunde, welche in Liebe zur gleichen Frau entbrennen, glaubhaft verkörpern.

Die Rollen der drei Väter werden von Daniel Chrétien (Konrad von Bärenfels), Daniel Stüssi (Konrad Münch) und Alexander Hohler (Simon Levi) interpretiert und auch sie überzeugen durch geschicktes Spiel und gesangliche Sicherheit, obwohl Alexander Hohler zu Beginn die jüdische Aussprache etwas stark überzeichnet.

Fazit des Abends: Absolut sehenswert – selten haben Geschichte und Ethik so viel Spaß gemacht.

 
CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
BasileiaMonica Quinter,
(Nadine Stockmann)
ChristianSergio-Maurice Vaglio,
(Frank Loman)
Thomas MünchChris Hess
BasilManfred Zaminer,
(Frank Loman)
JudithPrune Lüdi,
(Martina Holstein)
Simon LeviAlexander Hohler
BänkelsängerinBeija Schneider
Magd AnnaStephanie Tukker
MarschalkThomas Hardegger
Konrad MünchDaniel Stüssi
Konrad von BärenfelsDaniel Chrétien
SchalerJoachim Völpel
EnsemblePetra Vogel
Marco Sascha Steiner
David Marmet
Cécile Prieur
Sybille Kleinschmitt
Beate Christianhemmers
Sabine Maria Schoeneich
Marion Schuster
DancersFelix Duméril
Misato
Natalie Wagner
Nina Stadler
Radovan Vagac
Jeanette Marie Rivers
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
TERMINE (HISTORY)
Di, 17.10.2006 20:00Volkshaus, BaselPremiere
Mi, 18.10.2006 20:00Volkshaus, Basel
Do, 19.10.2006 20:00Volkshaus, Basel
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