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Marie Antoinette (2009)
Metropol Theater, Bremen

CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
 

Historiendrama im klassischen Kunze/Levay-Stil, das vor allem in Buch und Regie enttäuscht. Musikalisch dagegen hervorragend mit einer brillanten Sabrina Weckerlin an der Spitze eines hochklassigen Ensembles.

Schade, dass die Macher nicht den Mut gehabt haben, ihr Historienspektakel “Margrid Arnaud” zu nennen. Diese fiktive zweite weibliche Hauptrolle steht nämlich viel eher im Mittelpunkt des neuen Musicals von Michael Kunze und Sylvester Levay als die namensgebende Königin. Das Blumenmädchen Margrid und die Königin von Frankreich geraten in den Wirren der Französischen Revolution in eine Parallelgeschichte, die sogar die Möglichkeit eröffnet, dass Margrid eine illegitime Halbschwester der Königin sein könnte. Die Ähnlichkeit der beiden Figuren (die sich auf der Bühne nur an ähnlichen Kleidern und Frisuren festmacht) dient als Klammer der Geschichte und trägt leider nur mühsam. So entsteht eine Szenenfolge, die eher Bilderbogen als durchkonzipiertes Skript ist und die an vielen Stellen nur dem Auf- und wieder Abtreten der Figuren zu dienen scheint.

So statisch die Szenenwechsel daherkommen, so statisch präsentieren sich auch die Figuren des Stückes. Seltsam beziehungslos und beinahe ohne Interaktion stehen die Charaktere nebeneinander und scheinen fast Angst zu haben, sich zu nahe zu kommen. Die meisten Darsteller agieren fast durchgehend, als wären sie in ein enges Korsett von vorgegebener, übertrieben stilisierter Bewegungsregie eingezwängt und spielen mit deutlich angezogener Handbremse. Auch die Massenszenen – mit nicht mehr als 15 Revolutionären personell knapp besetzt – wirken leblos und eher uniform und können nie revolutionäres Feuer transportieren. Ob der steril und wenig beweglich wirkende Gesamteindruck in der Tradition des japanischen Regietheaters steht, ist Vermutung, die Regie von Tamiya Kuriyama bleibt jedenfalls recht blutarm. Spannung kommt nur selten auf.

Spartanisch auch das Bühnebild von Peter J. Davidson. Straßenfronten mit ausgefransten unteren Rändern und mit weiß-goldener Ballsaaldekoration versehene Prospekte schweben im ersten Akt wechselweise von oben ein. Der zweite Akt verschwindet dann fast komplett auf einer schwarzen Bühne mit einigen Klappen und Öffnungen, durch die Darsteller auf- und wieder abgehen. Die Enthauptung Marie Antoinettes mit einer vor ihr im Zeitlupentempo herunterfahrenden überdimensionalen Guillotinenschneide mit anschließendem Blackout hat wenig Spannung und bildhafte Kraft. Die Drehbühne wird im Wesentlichen zum Herein- und wieder Herausfahren einzelner Darsteller genutzt. Nur in der gelungenen Szene, in der der Herzog von Orléans und Cagliostro die Halsbandaffäre einfädeln und die einzelnen handelnden Figuren wie Schachfiguren darauf bewegen, wird sie szenisch intelligent genutzt. Das Lichtdesign von Manfred Voss arbeitet vor allem mit einer großen, in allen Farben beleuchtbaren Operafolie für den Hintergrund und lässt die Darsteller ansonsten vor allem in den Massenszenen leider oft im Dunkeln stehen – so geht viel Ausdruck verloren.

Fürs Auge bleiben da vor allem die Kostüme. Und die sind sehenswert: Frauke Schernau lässt die höfische Gesellschaft in prachtvollen Kleidern rnauftreten und schenkt König und Königin in der Himmelfahrtstag-Szene den strahlendsten Auftritt des Stückes.

Erschreckend schwach sind die Texte von Michael Kunze, die mit vielen falschen Rhythmisierungen und unreinen Reimen irritieren. Dagegen ist es Sylvester Levay gelungen, in einem eher fragmentierten, aber durchkomponierten Score einige Melodien zu kreieren, die im Ohr bleiben. Das rührende Schlaflied “Still, still” ist ebenso hörenswert wie das hymnische “Blind vom Licht der hellen Kerzen” und Margrids “Nein, ich weine nicht mehr”, das allerdings mehr Schlagerballade als Revolutionslied ist.

Mit diesen beiden Songs gelangen wir auch zum größten Pluspunkt des Stückes: Eine überragende Sabrina Weckerlin als Margrid Arnaud vermag mit ihrer Gesangs- und Energieleistung viele der vorgenannten Schwächen wettzumachen. Mit ihrer Leistung allerdings steht und fällt die Show. Sie spielt mit viel Einsatz eine Margrid, die nicht nur im Kostümbild der Eponine aus “Les Misérables” verwandt ist. Levays Beltballaden sind wie für ihre große Stimme geschrieben und ermöglichen ihr Spitzentöne von großer Intensität und Klarheit, mit denen sie sich mühelos an die Spitze eines auch ansonsten gesanglich hervorragend aufgelegten Ensembles katapultiert. Roberta Valentini als Marie Antoinette hat dagegen die unauffälligeren Lieder, dennoch bleibt besonders ihr hervorragend gesungenes Duett mit Patrick Stanke als Axel Fersen im Gedächtnis. Auch die Wandlung von der Partykönigin zur unbeugsamen Angeklagten im revolutionären Schauprozess gelingt ihr ausgezeichnet. Patrick Stanke scheint als Fersen unterfordert; wann immer er gesanglich gefordert wird, ist er brillant, viel mehr gibt die Rolle leider nicht her. Ethan Freemans Rolle als Magier Cagliostro funktioniert in dem schon beschriebenen, auf Stilisierung angelegten Regiekonzept noch am ehesten, er löst seine Aufgabe souverän und mit mehr als einem Hauch von Luigi Lucheni. Tim Reichwein agiert als kraftloser König Ludwig XVI. genauso rollendeckend und solide wie Thomas Christ als Herzog von Orléans und Maike Switzer als Nonne Agnes. Mit großer Präsenz sticht Markus Maria Düllmann als Robespierre heraus, Hans Neblung bleibt vor allem als effektvoll mit seiner Kardinalsrobe wedelnder Rohan in Erinnerung.

Bernd Steixner hat nicht nur das Ensemble musikalisch sehr gut eingestellt, die Bremer Philharmoniker bringen den gewohnten Levay-Sound souverän zum Klingen.

So bleibt dann auch die musikalische Seite mit einer überragenden Sabrina Weckerlin der große Pluspunkt eines Gesamtpaketes, das vor allem in Buch und Regie die großen Erwartungen, die ein neues Kunze/Levay-Musical nun einmal weckt, nicht ganz erfüllen kann.

 
CastTer­mi­neTermi­ne (Archiv)
CAST (AKTUELL)
Margrid ArnaudSabrina Weckerlin
Marion Furtner,
(Katie Schauer)
Marie AntoinetteRoberta Valentini
Maricel,
(Anika Lehmann
Maike Switzer)

CagliostroEthan Freeman
Marc Clear,
(Thomas Christ
Fernand Delosch)

Axel FersenPatrick Stanke,
(Oliver Nöldner
Patrick Schenk)

Louis XVI.Tim Reichwein,
(Gerd Achilles
Thomas Christ)

Herzog von OrléansThomas Christ,
(Marc Clear
Udo Eickelmann)

Agnes DuchampsMaike Switzer,
(Susanna Panzner
Sarah Schütz
Sonja Tièschky)

Juliette LapinBettina Meske,
(Lisette Groot
Susanna Panzner)

Dr. GuillotinDaniele Nonnis ,
(Fernand Delosch
Ulrich Talle)

Rose BertinSarah Schütz,
(Mona Graw
Susanna Panzner)

LéonardOliver Heim,
(Fredrik Andersson
Norbert Kohler)

Charles BoehmerFernand Delosch,
(Ulrich Talle)
Madame LamballeSusanna Panzner,
(Lisette Groot
Petra Weidenbach)

Madame de PolignacSonja Tièschky,
(Lisette Groot
Petra Weidenbach)

HébertNorbert Kohler,
(Oliver Heim
Stefan Reil)

Maximilien de RobespierreMarkus Maria Düllmann,
(Marc Liebisch
Patrick Schenk)

BeaumarchaisUdo Eickelmann,
(Marc Liebisch
Patrick Schenk)

Kardinal de RohanHans Neblung,
(Daniele Nonnis
Ulrich Talle)

KammerdienerMartin Bacher
Oliver Nöldner
TurgotGerd Achilles
Wachsoldat, WärterPatrick Schenk
Ulrich Talle
Escort-DamenMona Graw
Anika Lehmann
Patrizia Margagliotta
Marthe Römer
Julia Steingaß
Madame La MotteMona Graw
Offizier, StaatsanwaltTill Schubert
EnsembleFredrik Andersson
Marion Furtner
Lisette Groot
Marc Liebisch
Katie Schauer
SwingsMiriam Dusza
Stefan Reil
Petra Weidenbach
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Fr, 30.01.2009 20:00Metropol Theater, BremenPremiere
Sa, 31.01.2009 15:00Metropol Theater, Bremen
Sa, 31.01.2009 20:00Metropol Theater, Bremen
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