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Jesus Christ Superstar (2009 - 2012)
Staatstheater, Darmstadt

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Eine Inszenierung mit vielen Schwächen: Ein großartiger Chris Murray allein kann “Jesus Christ Superstar” in Darmstadt nicht retten. Vor allem die überzogenen und unpassenden Tanzszenen machen der Aufführung den Garaus.

Man kann unterschiedlicher Meinung darüber sein, welchen Zweck Choreografie und Tanz in einem Musical zu erfüllen haben. Eine mögliche Definition: Tanz soll die Geschichte unterstützen, sie transportieren, Emotionen wie Liebe, Begeisterung oder Wahnsinn durch Bewegung und Ausdruck sichtbar und erlebbar machen. Was Regisseurin Mei Hong Lin und ihre Choreografin Christina Comtesse in der Darmstädter Jesus-Christ-Inszenierung präsentieren, wird dieser Auslegung nicht gerecht. Die gezeigten Schritt- und Bewegungsfolgen bleiben oft ohne erkennbaren Bezug zu Musik, Handlung und Stimmung – da hilft es auch nicht, dass sie von gut trainierten Profitänzern des hauseigenen Ensembles akkurat ausgeführt werden und ganz interessant anzusehen sind. Was Lin und Comtesse zeigen, ist Tanz um des Tanzes willen, als Selbstzweck, wie man ihn oft im modernen Tanztheater und auch gelegentlich in klassischen Balettinszenierungen findet. Gerade die Massenszenen verlieren aber durch diese aufgesetzten Anleihen an das moderne Tanztheater schnell an Glaubwürdigkeit – der Tanz läuft neben der eigentlichen Handlung her, er überlagert sie mitunter sogar, anstatt sie zu unterstützen. Wenn die Inszenierung dann nach einer Stunde ins andere Extrem kippt und das gesamte Ensemble aus Nebendarstellern, Chor, Statisterie und Ballett squaredance-artig mit simpelsten Bewegungsabläufen den Messias preist, könnte das als gewollter Bruch mit den vorher aufgebauten Erwartungen interpretiert werden – hier ist es einfach nur inkonsequent und nervtötend.
Sobald sich die kreuzförmige, leicht ansteigende Bühne (Thomas Gruber) leert und Soli oder Duette der Protagonisten anstehen, gewinnt die Show. Chris Murray lebt in der Titelrolle auf, hält die Waage zwischen charismatischem Anführer und fanatischem Aufrührer und fesselt mit seiner grandiosen Bühnenpräsenz vom ersten Auftritt an. Die Solopassagen in “Was ist los” singt er mit dem Rücken zum Publikum – und trotzdem ist der Fokus der Aufmerksamkeit ständig bei ihm. Mit reduzierten, genau abgestimmten Bewegungen und seiner sich mühelos in höchste Höhen erhebenden Rockstimme macht er “Gethsemane” zu einem ganz besonderen Erlebnis.
An diese Leistung kommt Oliver Fobe als Judas leider nicht heran. Zu Beginn sind seine Bewegungen zu reduziert, zu zaghaft, die innerliche Zerrissenheit des späteren Verräters wird nicht deutlich genug. In “Weil sie ach so heilig sind” oder “Alles wird gut” schreit und presst Fobe zu viel, einige Spitzentöne gehen daneben. Den Verrat und die anschließende Verzweiflung spielt er dann allerdings schlüssig und gestaltet den “Tod des Judas” sehr ergreifend. Als dritten Musical-Gast hat das Staatstheater Sigrid Brandstetter für die Rolle der Maria Magdalena verpflichtet. Sie hinterlässt stimmlich einen soliden Eindruck, kann der liebenden Frau an Jesu Seite in den wenigen Szenen, die Webber und Rice ihr zugestanden haben, aber keine neuen Facetten abgewinnen.
Die Nebenrollen werden sämtlich von Mitgliedern des Darmstädter Opernensembles verkörpert, was leider nur bei den Priestern (Jeffrey Treganza, Thomas Mehnert, Matthias Zerwas und Christoph Kessler mit ausdrucksstarkem Gesang) gut funktioniert. Der Herodes von Oleksandr Prytolyuk gerät zur Helmut-Lotti-Parodie, David Pichlmaier ist als Pilatus optisch eine Mischung zwischen Falco und SS-Offizier. Beide haben zu klassische Stimmen für eine Rockoper und können außerdem mit ihrem Spiel nicht recht überzeugen, agieren zu steif und zurückgenommen.
Mit einer routiniert aufspielenden Band (Leitung: Thomas Peuschel) und sicheren Chorpassagen gelingt die musikalische Seite der Aufführung zwar recht ordentlich, die miserable Abmischung – der Gesang ist im Vergleich zur Band, vor allem zum Schlagzeug, durchgängig zu leise – sorgt allerdings dafür, dass davon nicht besonders viel im Publikum ankommt. Insgesamt hat “Jesus Christ” in Darmstadt zu viele Schwächen, um in die Reihe der gelungenen Inszenierungen der letzten Jahre im deutschsprachigen Raum aufgenommen zu werden.

 
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KREATIVTEAM
Musikalische LeitungThomas Peuschel
InszenierungMei Hong Lin
Bühne und KostümeThomas Gruber
ChoreografieChristina Comtesse
 
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CAST (AKTUELL)
Jesus von NazarethChris Murray
Maria MagdalenaSigrid Brandstetter
Judas IschariotOliver Fobe
Pontius PilatusDavid Pichlmaier
Herodes Oleksandr Prytolyuk
Kaiphas Thomas Mehnert
Annas Jeffrey Treganza
Priester Werner Volker Meyer
Matthias Zerwas
Christoph Keßler
Petrus Markus Durst
Simon ZelotesLucian Krasznec
Apostel Geoffrey Browne
Bo-Chul Chang
Radoslav Damianov
Simone Deriu
Pawel Fojcik
Mikko Järviluoto
Hyun-Seo Ki
Juri Lavrentiev
Stefan Steinbauer
Satoshi Takada
Wolfgang Vetter
Soulgirls Sarah Rögner
Anne Gerbert
Jeannette Friedrich
Milou Nuyens
Mädchen Sarah Rögner
Soldat Lawrence Jordan
Klaus Riedelsheimer
Ein alter MannStefan Grunwald
Werner Volker Meyer
 
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TERMINE
keine aktuellen Termine
 
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TERMINE (HISTORY)
Sa, 21.03.2009 19:30Staatstheater, DarmstadtPremiere
Fr, 27.03.2009 20:00Staatstheater, Darmstadt
Fr, 03.04.2009 20:00Staatstheater, Darmstadt
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