Manuel Dengler, Antonia Welke, Sophie Berner, Christian Alexander Müller, Ensemble © Jutta Missbach
Manuel Dengler, Antonia Welke, Sophie Berner, Christian Alexander Müller, Ensemble © Jutta Missbach

Kiss Me, Kate (2016)
Staatstheater, Nürnberg

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Der Cole-Porter Klassiker am Staatstheater Nürnberg hält inszenierungstechnisch keine riesigen Überraschungen bereit. Dafür besticht er aber durch eine glänzende Besetzung und ein Orchester in Höchstform.

Manchmal ist es schon nicht leicht mit der Liebe. Da scheidet man sich und dann spielt man doch gemeinsam im selben Stück – dazu noch ausgerechnet Shakespeares “Der Widerspenstigen Zähmung”. Da ist Chaos auf und hinter der Bühne mehr als vorprogrammiert…

Ein Stück im Stück – das fasst den eigentlichen Clou dieses Klassikers gut zusammen. Denn damit gibt es den ganzen Abend zwei Ebenen. Genau diese Unterscheidung der beiden Spielebenen – einerseits die Darsteller im Theater und das Geschehen hinter der Bühne, andererseits die Aufführung selbst – gelingt bei dieser “Kate” hervorragend. Auf der ersten Ebene spielen alle Darsteller sehr authentisch menschlich, während es auf der Bühne große Gesten und inbrünstig zitierte Shakespeare Phrasen gibt. Somit ist die Trennung ganz klar und eindeutig sichtbar und nachzuverfolgen; das verleiht der Story Hand und Fuß.

Das Bühnenbild von Torsten Mittelstädt überzeugt besonders bei den beiden Künstlergarderoben durch seine Detailverliebtheit sowie dadurch, dass vor allem die enorme Tiefe der Bühne im Staatstheater wunderbar genutzt wird. Die beiden Garderoben werden je nach Bedarf hereingefahren, dazu gibt es einen stufenartigen Aufbau für die “Bühne auf der Bühne” und am Ende wird sogar der Blick auf die hinterste Backstage freigegeben. Dazu passen auch die Kostüme, die bei der Shakespeare-Aufführung passend pompös und bunt sind. Witziger Einfall: Die Schärpen (ähnlich wie bei einer Misswahl), die die männlichen Shakespeare-Nebencharaktere wie beispielsweise Hortensio tragen.

Stückbedingt gibt es vor allem im zweiten Akt kleinere Längen, aber hier schafft das Ensemble oftmals Abhilfe und holt immer das Beste heraus durch seine getanzte und gesungene Spielfreude. Die beiden Opening-Nummern von Akt 1 (“Premienfieber”) und Akt 2 (“Viel zu Heiß”) gehören zu den Highlights des Abends. Die fetzigen Choreographien von Kati Farkas sprühen vor Energie, besonders bei “Viel zu Heiß” knistert es regelrecht auf der Bühne, so dicht ist die geschaffene Atmosphäre. Jede Nebenrolle fügt sich generell sehr gut in das Gesamtbild ein.

Sophie Berner und Christian Alexander Müller als das Hauptrollenduo Fred/Petrucchio und Lilli/Katharina sind in jeder Hinsicht ideal besetzt und tragen diese Inszenierung. Die starke Dynamik zwischen den beiden spürt der Zuschauer schon bei ihrem ersten gemeinsame Song “Wunderbar”. Berner gibt in beiden Rollen eine launische und dabei herrlich komische Diva, die mit ihrem vollem Mezzosopran alle Nummern des Abends ausfüllt. Ihr “Ich hasse Männer” ist frech-witzig und setzt einen tollen Akzent.

Christian Alexander Müllers warme Stimmfarbe passt ebenfalls hervorragend zu seinen Rollen. Den rhythmisch und textlich gesehen sehr anspruchsvollen Song “Wo ist die liebestolle Zeit?” meistert er voller Charme mühelos – emotionaler Höhepunkt des gesamten Stückes ist jedoch seine Reprise von “Ich bin dein für alle Zeit”. In dem Moment als Lilli scheinbar endgültig das Theater und damit ihn verlässt, kommt in der Komödie eine ungeahnte Gänsehaut-Stimmung auf, so viel Gefühl legt Müller in diese Nummer. Auch schauspielerisch vermag er in allen Facetten zu überzeugen, egal ob komödiantisch oder ernst.

Die ehemalige Nachtclubtänzerin Lois Lane (Antonia Welke) und ihr spielsüchtiger Freund Bill Calhoun (Manuel Dengler) geben ebenfalls ein dynamisches Paar ab, das auch gesanglich stimmig ist. Antonia Welke spielt lasziv, sexy und voller Humor. Ihr “Aber treu bin ich nur dir” ist dazu passend verrucht; alle Töne sitzen. Auch im Zusammenspiel mit dem Präsidenten (Richard Kindley), der leider rollenbedingt etwas flach bleibt, zieht sie alle Register.

In seiner Doppelrolle als Bühnenmanager Paul/Baptiste überzeugt auch Oliver Severin. Beim Nürnberger Publikum kommt aber besonders das sehr fränkische Gangster Duo (Volker Heißmann und Martin Rassau) an. Die beiden sind tollpatschig-witzig und der Lokalkolorit innerhalb der Rollen passt. “Schlag nach bei Shakespeare” wartet zwar mit etwas viel Reprisen auf, aber durch die pointierte Darstellung rückt dies in den Hintergrund.

Immer wieder gibt es durch Thomas Enzingers Inszenierung Ansätze, dem alten Klassiker einen moderneren Anstrich zu verleihen. Sei es das “Kiss me Kate”-Graffiti auf dem Bühnenbild, ein Schlagzeuger auf der Bühne oder der Selfie-Stick der Gangster – die Einfälle sind kreativ und witzig und verleihen der doch schon sehr in die Jahre gekommen Show einen gewissen Pepp. Großartig ist auch die Endszene, die den Geschlechterklischees ein Ende setzt, denn Katharina hält nicht die Hand unter Petrucchios Fuss – nein, Petrucchio legt sich gleich gemeinsam mit ihr auf den Boden. Von diesen Ideen hätte Enzinger in seiner Inszenierung gerne mehr einbringen können, um das angestaubte Image des Stückes ein bisschen aufzupolieren.

Zu Hochform läuft die Staatsphilharmonie Nürnberg auf. So muss Cole Porter sich beim Schreiben dieses Musicals seine Partitur gewünscht haben: Der Zuschauer hat wirklich das Gefühl, dass die Musiker unter der musikalischen Leitung von Christian Reuter durch die Noten fliegen. So satt, beschwingt und einfach nur rund klingt es aus dem Orchestergraben. Ein echter Ohrenschmaus. Wirklich schade ist nur, dass die Kraft dieses Orchester durch die Abmischung schon streckenweise zu laut für die Sänger ist.

“Kiss me Kate” in Nürnberg wartet mit tollen Darstellern und großartiger Musik in einer soliden Inszenierung auf – unterm Strich bleibt ein fast immer kurzweiliger und unterhaltsamer Theaterabend.

 
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KREATIVTEAM
Musikalische LeitungVolker Hiemeyer
InszenierungThomas Enzinger
ChoreographieKati Farkas
Bühne und KostümeTorsten Mittelstädt
ChorTarmo Vaask
DramaturgieSonja Westerbeck
 
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CAST (AKTUELL)
Fred Graham / PetrucchioChristian Alexander Müller
Lilli Vanessi / KatharinaSophie Berner
Milica Jovanovic
Bill Cahoun / LucentioManuel Dengler
Lois Lane / BiancaAntonia Welke
Paul / BaptistaOliver Severin
HattieAnnette Potempa
Harrison HowellRichard Kindley
1. GangsterVolker Heißmann
2. GangsterMartin Rassau
GremioFrank Wöhrmann
HortensioJohannes Kiesler
EnsembleDaniel Roces
David Valls
Marina Maniglio
Nina Baukus
Yoko El Edrisi
Sabrina Reischl
Fanny Hoffmann
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Mo, 08.02.2016 18:00Staatstheater, Nürnberg
Sa, 13.02.2016 19:30Staatstheater, NürnbergPremiere
Sa, 20.02.2016 19:30Staatstheater, Nürnberg
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