Gerd Achilles, Jeannine Michèle Wacker © Freilichtspiele Schwäbisch Hall, Jürgen Weller Fotografie
Gerd Achilles, Jeannine Michèle Wacker © Freilichtspiele Schwäbisch Hall, Jürgen Weller Fotografie

Maria, ihm schmeckt's nicht (2017)
Freilichtspiele, Schwäbisch Hall

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Die Geschichte von Jan, der die Halbitalienerin Sara heiraten möchte und sich plötzlich mit deren italienischer Familie und einer ihm fremden Lebensart konfrontiert sieht, ist genau das passende Stück für Freilichttheater im Sommer. Allerdings kommt das südliche Flair in Schwäbisch-Hall am Premierenabend nur auf der Bühne vor. Mit fiesem Nieselregen und Wind ist es ein eher unangenehmes Theatererlebnis. Doch die Darsteller trotzen dem Wetter, ignorieren tapfer die Umstände und es wird dem fröstelnden Zuschauer zumindest warm ums Herz.

Der von historischen Gebäuden umgebene Marktplatz mit der Großen Treppe, die zur Kirche St. Michael führt, ist ein sehr schöner Ort für die zweitältesten Freilichtspiele Deutschlands. Die 53 sehr breiten Stufen bilden allerdings eine schwer zu bespielende Bühne. Regisseur Thomas Winter nutzt diese Größe geschickt aus. Spielen die ersten Szenen in Deutschland noch auf einem Bühnenpodest, das auf der Fläche klein, eng und verloren wirkt, erweitert sich nach der Ankunft in Italien der Fokus. Jede Ecke der steilen Treppe wird bespielt, was ein ziemliches auf und ab für die Darsteller bedeutet. Dabei gelingen imposante Bilder wie die meterlange Tischdecke, die von den unteren Stufen zum Esstisch führt, oder der mit einem riesigen blauen Tuch als Meer ausgestattete Strand ebenso gut wie kleiner besetzte Szenen, die an immer anderen Punkten der Treppe verortet werden. Kleine Tische, denn Essen ist in dem Stück sehr wichtig, können flink verstellt werden und dienen auch als Podeste, die erklettert werden können. Ein sehr kreatives und verblüffend einfaches Bühnenkonzept von Kati Kolb. Durch die stimmige Beleuchtung von Uwe Grünewald gehen auch intime Szenen auf der Großen Treppe nicht verloren.

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Das Stück an sich ist zwar gut und flüssig konstruiert, aber etwas flach geraten. Dialoge und Liedtexte sind ziemlich platt, auch wenn schlüssige Parallelen zwischen Jans Fremdsein in Italien und dem Fremdsein seines Schwiegervaters Antonio in Deutschland gezogen werden. Die Sympathien des Publikums sind nicht bei dem miesepetrigen Deutschen, der sich partout nicht mit dem Habitus seiner neuer Verwandtschaft anfreunden will, sondern bei den herzlich-ruppigen Südländern.

Jans italienische Familie erscheint als quirlige Masse. Nur der Womanizer Marco kann aus dem Pulk herausstechen und hat mit “Latin Lover” als einziger ein Solo. Das wird zwar von Gerd Achilles mit dem passenden Schmelz und Hüftschwung dargeboten und tänzerisch sehr gut umgesetzt (Choreografie: Christopher Tölle), aber es bremst die Handlung aus. Ein Grundproblem. Die meisten Songs treiben die Geschichte nicht voran, sondern zeigen die Gedanken und Gefühle der Figuren. Damit wird zwar versucht, den Charakteren einen emotionalen Hintergrund zu geben, aber sie verschleppen die Geschichte.
Dabei hat Heiko Lippmann abwechslungsreiche Songs von der italienischen Tarantella über Verdi-Anleihen bis zum sehr zuckrigen Duett “Du bist mein Planet” komponiert. Für die Inszenierung in Schwäbisch-Hall hat er die Arrangements von der Urfassung für acht auf 13 Musiker erweitert. So ergeben sich kleine musikalische Feinheiten, die von dem Orchester unter der Leitung des Komponisten sehr gut umgesetzt werden. Nur der Ton ist zu Beginn der Premiere nicht tadellos, aber das wird sich womöglich einspielen.

Das Ensemble, das durch die Bank sehr gut bei Stimme ist, schafft es, den recht eindimensionalen Figuren Leben einzuhauchen. Die schwierigste Rolle hat dabei Nikolaj Alexander Brucker, der Jan zur Identifikationsfigur des Publikums machen muss, auch wenn er dem Zuschauer nicht immer sympathisch ist. Er schafft es glaubwürdig zu zeigen, wie sich seine Figur langsam von hilfloser Überforderung wegen des für ihn unverständlichen Gewusels zu Ablehnung und schließlich zu Akzeptanz der italienischen Sitten wandelt. Seine helle Stimme passt wunderbar zum klaren Gesang von Jeannine Michèle Wacker in der Rolle seiner Braut Sara. In ihren Soli gelingen ihr sehr berührende Momente.

Allein durch ihre Präsenz und Mimik werden Kerstin Marie Mäkelburg als Saras Mutter Ursula und Christine Dorner als Großmutter zu Publikumslieblingen. Ein komischer Höhepunkt des Abends ist das Brauen eines Liebestranks, das in ein gepflegtes Besäufnis der beiden ausartet.
Anton Rattinger ist als Saras Vater Antonio Marcipane das Herz des Stücks, ein sympathischer Schwätzer mit einem gewissen Maß an Bauernschläue und voller Emotion. Wenn er Jan von seiner Vergangenheit erzählt, menschelt es auf angenehme Art.

“Maria, ihm schmeckt’s nicht” ist leichte Sommerkost – so zubereitet, dass es nicht schwer im Magen liegt, aber man sich gern an das Menü erinnert. Dem Publikum schmeckt’s ausgezeichnet.

 
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KREATIVTEAM
Musikalische LeitungHeiko Lippmann
RegieThomas Winter
ChoreografieChristopher Tölle
AusstattungKati Kolb
DramaturgieFlorian Götz
LichtdesignUwe Grünewald
SounddesignHendrik Maaßen
Titus Härich
 
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CAST (AKTUELL)
JanNikolaj Alexander Brucker
SaraJeannine Michèle Wacker
Franziska Schuster
Antonio MarcipaneAnton Rattinger
MarcoGerd Achilles
DanieleNikolas Gerdell
Junger Antonio, Paolo, KellnerVasilios Manis
Egidio, Herr SchulzeGuido Kleineidam
Matteo, Gast im KarnevalGerald Michel
UrsulaKerstin Marie Mäkelburg
NonnaChristine Dorner
Maria, Kollegin 2, Latin Lover SupremeAnja Gutgesell
Junge Ursula, Barbara, Latin Lover SupremeTheresa Weber
Pamela, Kollegin 2, Latin Lover SupremeTina Haas
Giulia & EnsembleLaila Richter
  
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TERMINE
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TERMINE (HISTORY)
Fr, 30.06.2017 20:30Freilichtspiele, Schwäbisch Hallöff. Generalprobe
Sa, 01.07.2017 20:30Freilichtspiele, Schwäbisch HallPremiere
So, 02.07.2017 20:30Freilichtspiele, Schwäbisch Hall
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